Umschichtung von Straßenbaumitteln zugunsten der Schiene
Die Elektrifizierung der Maintalbahn hat einen neuen Rückschlag erlitten. Der Bund hat die Finanzierung von geschätzten 80 Mio. Euro für 36 Kilometer aus dem Programm "Elektrifizierung von Güterbahnen" abgelehnt. Zeitgleich hat eine Anfrage unserer Bundestagsabgeordneten Dr. Manuela Rottmann, ergeben, dass das Bundesverkehrsministerium den autobahnähnlichen Ausbau der B 469 zwischen Stockstadt und Großostheim mit geschätzten Kosten von 102 Mio. Euro für eine Strecke von 5,6 Kilometer ohne jede Untersuchung des Nutzen- /Kostenverhältnisses finanzieren will.
Das Bundesverkehrsministerium teilt in seiner Antwort mit, dass das Bayerische Verkehrsministerium dem Bundesverkehrsministerium Anfang 2020 die Vorentwurfsplanung vorgelegt habe. Das Bundesverkehrsministerium habe dieser Vorplanung bereits im April 2020 über einen sogenannten "Gesehenvermerk" seine Zustimmung erteilt. Nach Erlangung des Baurechts soll das Vorhaben aus verschiedenen Erhaltungs-, Um- und Ausbautiteln des Bundesverkehrshaushalts finanziert werden. "Eine Kosten-Nutzen-Bewertung wird mit diesem Griff in die Trickkiste für die B 469 umgangen", so Rottmann.
"Seit 2017 bemühen sich die Landkreise Miltenberg und Aschaffenburg um einen Finanzierungszusage für die Elektrifizierung der Maintalbahn. Seither wird dieses Projekt immer wieder von einem in das nächste Finanzierungsprogramm geschoben, um dann immer wieder am Nutzen-Kosten-Faktor zu scheitern. Nicht einmal Planungsmittel konnten bisher abgerufen werden. Dagegen wird für einen überdimensionierten Ausbau eines kurzen Straßenstücks jede Vorgabe für den wirtschaftlichen Einsatz von Haushaltsmitteln aus dem Weg geräumt. Um die Finanzierung dieses teureren Projekts abzusegnen, braucht das Bundesverkehrsministerium nicht einmal ein Vierteljahr. Das ist schon atemberaubend."
Laut Berichterstattung des Main-Echos schlagen die örtlichen CSU-Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz und Alexander Hoffmann vor, die Elektrifizierung der Maintalbahn nun als Projekt Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) anzumelden in der Hoffnung, dass die Maintalbahn dann möglicherweise geänderte Förderkriterien erfüllt.
Elektrifizierung der Maintalbahn statt Ausbau der B 469
Niklas Wagener, Grüner Bundestagskandidat für den Wahlkreis Aschaffenburg, kommentiert: "Wir Grüne fordern schon lange, dass der Umweltnutzen für die Finanzierung aller Verkehrsprojekte ein maßgebliches Kriterium wird. Offenbar dämmert es Andrea Lindholz und Alexander Hoffmann auch allmählich, dass die CSU-Verkehrspolitik im Bund für unsere Region ein Riesenbremsklotz ist. Nach ihrer Ankündigung soll die Maintalbahn mit viel Glück 2022 die Chance auf eine Förderung bekommen. Für diesen Zeitpunkt ist bereits der Baubeginn für die B 469 geplant. Ein ökologisch höchst fragwürdiges, überteuertes Straßenbauprojekt soll also auf jeden Fall durchgedrückt werden, während die Elektrifizierung der Maintalbahn immer wieder auf die lange Bank geschoben wird, obwohl ihr viel höherer Nutzen bei geringeren Kosten und ihre Entlastung für die Umwelt auf der Hand liegen."
Rottmann hält die Höherbewertung ökologischer Vorteile bei der Infrastrukturfinanzierung für unabdingbar, aber nicht ausreichend, um die Elektrifizierung der Maintalbahn schnell zu realisieren: "Meine Bundestagskollegen betreiben Augenwischerei, wenn sie mit dem Verweis auf die längst überfällig Veränderung der Finanzierungskriterien suggerieren, damit allein rücke ein Fortschritt bei diesem so wichtigen Projekt für Unterfranken näher. Die GVFG-Mittel steigen zwar in den nächsten Jahren an. Allerdings lange nicht so schnell wie die angemeldeten Bedarfe der Kommunen für Schieneninfrastrukturprojekte. Die Bundesmittel für den Straßenbau sind immer noch deutlich höher. Gerade in Bayern sind erhebliche Teile der GVFG-Mittel bereits für Projekte in den Ballungsräumen, etwa die zweite Stammstrecke für die Münchner S-Bahn, reserviert. Wer wirklich die Maintalbahn schnell elektrifizieren will, muss also Mittel aus dem Straßenbauetat zugunsten der Schiene umschichten."